Dr. Amel Karboul

Was zum Teufel ist systemisch? Teil 5
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Selektive Wahrnehmung oder wozu mehr Perspektiven?

Sie haben sich beim Sport ein Bein gebrochen und tragen nun einen Gips. Sie gehen in die Stadt und setzen sich in ein Straßencafe. Heute fallen Ihnen aber viele Menschen mit Gipsbein auf. Komisch?!. Wenn man beispielsweise ein Kind erwartet, sieht Mann oder Frau häufiger schwangere Frauen als vorher. Ihr Nachbar hat beispielsweise einen neuen Job bei einem Konsumgüterhersteller, welches Sie vorher nicht kannten und plötzlich fällt Ihnen die Werbung des Unternehmens auf Plakaten vermehrt auf. Wir sehen nur das was wir kennen. Anderseits sehen wir nicht, was wir nicht kennen oder worauf wir nicht bewusst unsere Aufmerksamkeit gelegt haben.

Einer der interessantesten Versuche stammt von dem amerikanischen Psychologen Dan Simons. Sie können mitmachen und sich jetzt seinen Film ansehen. Testen Sie Ihre Konzentration: Der Film zeigt zwei Teams beim Basketballspiel, ein schwarzes und ein weißes. Zählen Sie, wie oft die Mitglieder der weißen Mannschaft sich den Ball zuwerfen. Zum Film!

Wie viele Ballkontakte haben Sie gezählt?
Dann schauen Sie sich das Video noch einmal an und achten dabei auf den rechten Bildrand.

Ca. 50% der Personen sehen die als Gorilla verkleidete Frau nicht. Bei den Gruppen, die, die Ballkontakte der Gruppe mit den schwarzen T-Shirts zählen, sehen nur ca. 30% die verkleidete Frau nicht. Wohl weil sie auch schwarz ist. Diese selektive Wahrnehmung ist oft hilfreich, wir können und wollen ja nicht die aber Millionen Informationen um uns herum wahrnehmen. Anderseits entwickeln wir Alle einen Tunnelblick – und das kann bei wichtigen Entscheidungen oder die Bearbeitung komplexer Aufgaben gefährlich werden. Der radikale Konstruktivismus – stark vereinfacht – besagt, dass wir alle nur selektiv wahrnehmen und es deshalb keine Objektive Wahrheit gibt.

Genau deshalb ist ein Kernelement der systemischen Denkweise die “Mehr-Perspektivität”. Also möglichst viele Menschen oder Gruppen mit unterschiedlichen Erfahrungen, Erwartungen, Einstellungen und Interessen zusammenbringen, die dann gemeinsam an der Lösung arbeiten. Das es dabei krachen kann und wird ist zu erwarten. Stellen Sie sich vor wie aufwendig es sein kann jemanden, der das Gorilla nicht gesehen hat, davon zu überzeugen, dass eines da war. Es nicht zu tun bedeutet wichtige „Gorillas“ in der Firma oder im Leben zu übersehen.

Das Buch ZOOM von Istvan Banyai ist auch für Kinder wunderbar. Eine gute Idee meisterhaft ausgeführt: Unzählige Bilder verstecken sich in diesem Buch. Eines ist immer nur Detail einer größeren Szenerie, und diese ist dann wiederum auch nur Teil eines neuen Bildes. Dabei wechseln nicht nur die Perspektiven, sondern auch die Dimensionen.

Übungen:

1)    Nehmen Sie als Beispiel eine Party! Sie waren dort mit Ihrem Partner oder Freunden. Versuchen Sie, entweder mehrere Personen nach ihren Eindrücken zu fragen oder selbst die Party aus mehreren Perspektiven zu beschreiben, als Gastgeber, als Sie selbst, als Ihr Partner. Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede stellen Sie fest?
2)    Die wunderbare Stakeholderanalyse, Umfeldanalyse oder auch Umweltanalyse genannt. Hier ein Beispiel der Projektumweltanalyse als ausführliche Erklärun zum Download.

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